Predigt zum Karfreitag 2020

Die Kirche hat über 1000 Menschen im Laufe der Kirchengeschichte heilig gesprochen!

Aber einen einzigen Menschen hat Jesus selbst heilig gesprochen und zwar am Kreuz, den rechten Verbrecher mit den Worten: „Heute noch wirst Du mit mir im Paradiese sein!“

Wenn er als ein Schwerverbrecher ins ewige Glück gelangt ist und dann noch so schnell, dann müssen wir uns diesen Mann genauer betrachten.

Wie kam es, dass dieser ehemalige Verbrecher von Gott so außerordentlich begnadigt wurde? Was können wir von diesem Mann lernen?

 

Wer war der hl. Dismas?

Zuerst: Wer war dieser reuige Schwerverbrecher? Die Hl. Schrift berichtet nur vom Ende dieses Mannes am Kreuz. Die Evangelisten Markus und Matthäus bezeichnen ihn als Räuber; Lukas als Verbrecher.

Die Kreuzigung war nach römischem Recht die Todesstrafe für Schwerverbrecher. Diese Verbrecher wurden natürlich nicht ans Kreuz gebunden – wie man es manchmal abgebildet sieht – sondern auch sie waren mit langen eisernen Nägeln an den Füßen und an den Handwurzeln – nicht an den Handtellern – wie meist falsch dargestellt – ans Kreuz genagelt.

Die Bibel nennt die beiden Verbrecher nicht mit Namen – aber eine uralte Tradition, die bis in die ersten Jahrhunderte zurückgeht, überliefert für den reumütigen Verbrecher den Namen Dismas!

Durch all die Jahrhunderte wurde der hl. Dismas hoch verehrt. Auch die selige Kreszentia von Kaufbeuren hat ihn sehr verehrt.

Heute ist er leider ein wenig in Vergessenheit geraten!

Aber nun betrachten wir seine großen Tugenden, die ihm die ewige Glückseligkeit schenkten;

Schon der hl. Augustinus (+430) nennt 4 Tugenden des hl. Dismas.

  1. Die brüderliche Zurechtweisung

Der Evangelist Lukas berichtet, dass der eine Verbrecher Jesus lästerte und sagte: „Bist du nicht der Messias? Dann rette dich selbst und uns!“

Dismas aber wies ihn zurecht und sagte: „Fürchtest du nicht einmal Gott, da dich doch das selbe Urteil getroffen hat?“

Mit anderen Worten: Denk doch! In ein paar Stunden bist du tot und du musst vor deinen Richter treten! Du musst doch bei deinen Sünden Gott fürchten und nicht jetzt noch andere kränken! Ändere dich endlich!

Der hl. Paulus betont die „brüderliche Zurechtweisung“ als wichtige Tugend.

Es darf bei dieser Tugend nicht darum gehen, jemanden niederzumachen: Es geht bei der brüderlichen Zurechtweisung darum, den anderen aufzurütteln, damit er sich bessert und bekehrt.

Der hl. Dismas macht den anderen Verbrecher „nicht zur Schnecke“ sondern appelliert an sein Gewissen! Leider vergeblich! Aber Gott fragt uns nicht nach dem Erfolg, sondern ob wir Gutes getan haben!

Wir haben alle eine Verantwortung füreinander! Deshalb müssen auch wir in brüderlicher Weise einander helfen, in den Himmel zu kommen!

In der Hl. Schrift heißt es: Wer einen anderen bekehrt, deckt bei sich viele Sünden zu.

Freilich: Manchmal ist alles schon gesagt usw. Aber dann bleibt immer noch das Gebet und Opfer für den Sünder.

  1. Die demütige Selbstanklage – seine öffentliche Beichte

Der Schwerverbrecher Dismas hat sich das ewige Heil mit einer weiteren großen Tugend erworben. Der demütigen Selbstanklage; er bekennt sogar öffentlich für alle hörbar: „Uns geschieht recht; wir empfangen den verdienten Lohn für unsere Taten!“. Er bereut von ganzem Herzen!

Es ist schwer, eine Schuld oder einen Fehler einzugestehen!

Im Beichtstuhl klagen wir uns auch selbst an. Aber da ist es geheim und durch das Beichtgeheimnis geschützt.

Der hl. Dismas hat praktisch öffentlich gebeichtet! Ohne jede Entschuldigung gestand er unmittelbar vor seinem Tod seine ganze Schuld ein!

Wir finden allzu leicht für alles einen guten Grund und eine Rechtfertigung. Der hl. Dismas hätte bestimmt auch etwas finden können: z. B. dass er vielleicht zum Verbrecher geworden ist, wegen seiner schlechten Eltern, oder falscher Erziehung, oder wegen der schlechten Gesellschaft usw.

Er trägt sein furchtbares Leiden als wohlverdiente Strafe mit Geduld und Ergebung.

Es ist für ihn das, was das Kreuz immer sein soll: Ein Anruf Gottes, sich zu bekehren, zu bessern, das Heil zu suchen: ein Mittel zum Heiligwerden!

Ahmen wir ihn doch da nach! Auch bei unseren Kreuzen!

  1. Dismas verteidigt den Unschuldigen

Noch ein 3. große Tugend kann man an diesem gekreuzigten ehemaligen Verbrecher erkennen, die ihm das ewige Heil brachte: Er verteidigt den unschuldigen Jesus, in dem er sagt: „Dieser aber hat nichts Böses getan!“

Er tat das in einer  Situation, wo er eigentlich mit seinem fürchterlichen Schmerzen genug mit sich selbst beschäftig gewesen wäre.

Und er war dazu der einzige, der Jesus am Kreuz mit Worten verteidigte, ganz allein, gegen eine höhnende Menge und spottende Soldaten. Johannes und die anderen Freunde Jesu schwiegen. Das Schweigen Mariens dagegen sprach allerdings Bände!

Und der hl. Dismas war dazu noch sehr mutig!  Denn diese Worte hätten für ihn böse Folgen haben können. Das war ja im Grunde eine öffentliche Anklage gegen die Herrschenden und die Soldaten, dass sie einen Unschuldigen gekreuzigt haben. Er musste damit rechnen, dass ihn die Soldaten dafür noch zusätzlich quälen würden!

Ahmen wir auch darin den hl. Dismas nach! Auch wir werden bei Gott große Verdienste erwerben, wenn wir jemanden verteidigen, der verleumdet oder in seiner Ehr angegriffen wird.

Es ist erst Recht eine große Tugend, Jesus Christus und den Glauben an ihn zu verteidigen. Wer das tut, wird nicht um seinen Lohn kommen.

Es wird ja heute Christus und die christliche Religion in einer Weise verspottet und verhöhnt wie man es sich nicht einmal im 3. Reich getraut hatte. Eine Berliner Zeitung verspottete Jesus am Kreuz, indem sie ihn den „Balkensepp“ nannte. In eine modernen Berliner Oper wurde Jesus gezeigt wie er vom Kreuz steigt, auf dem Kopf eine Dornenkrone mit funkelnden Lichtern und mit einem Bischof tanzt!

Wo ist der Aufschrei der Christen?

Niemals würden sich diese Spötter so etwas Ähnliches gegen den Islam oder das Judentum getrauen!

Aber auch im alltäglichen Leben sind wir heute herausgefordert und aufgerufen unseren hl. Glauben zu verteidigen. Es gibt keine Glaubenswahrheit, die nicht angezweifelt oder lächerlich gemacht wird.

  1. Sein Glaubensbekenntnis und Gebet

Die 4. Tugend, die ihn heilig machte, ist, dass er öffentlich seinen Glauben an den Erlöser Jesus Christus bekannte: “Herr denk an mich, wenn Du in Dein Reich kommst!“

Er bekannte Jesus als den „Herrn“, als den göttliche Erlöser, der die Macht hat ins ewige Leben zu führen. Und das, obwohl sich Jesus in der totalen Erniedrigung befand und gar nichts mehr an seine Göttlichkeit erinnerte. Jeder musste denken, wie kann so einer, der da wehrlos am Kreuz hängt und erbärmlich stirbt, Gottes Sohn sein! Die meisten Apostel waren davongelaufen. Der Apostel Johannes unter dem Kreuz schwieg, der hl. Dismas bekennt laut den Retter über Sünde und Tod: „ Herr, denk an mich, wenn Du in dein Reich kommst!“

Auch die Kirche ist oft erniedrigt – auch unser Glaube hat oft einen schweren Stand – viele verlassen verachtend die Kirche. Lernen wir da vom hl. Dismas, unerschütterlich und treu an Jesus Christus, dem Erlöser, festzuhalten – auch wenn seine Botschaft zur Zeit gerade nicht modern erscheint.

Am Palmsonntag war das Bekenntnis zu Jesus leicht. Die Verdienste des hl Dismas sind so groß, weil er am Karfreitag treu zu Jesus stand.

Bescheiden bittet er nur: „Herr, denk an mich…“ Er sagt nicht: „Lass mich in den Himmel kommen!“ Ein stilles Gedenken würde ihm schon genügen, dass er nicht ganz von Jesus vergessen wird und vielleicht doch irgendwann – nach langem Fegefeuer – in den Himmel kommen darf!

Und Jesus sagt: „Heute noch wirst Du mit mir im Paradies sein!“

Wie ist das möglich: Ein Schwerverbrecher ohne Fegefeuer in den Himmel!? Ist das nicht ungerecht? Wo ist da die Buße? Die Läuterung?

Nun die Buße hat er schon in Lebzeiten auf dieser Welt furchtbar durchlitten – durch sein schreckliches Sterben am Kreuz.

Am Kreuz wurde er vollkommen geläutert und gebessert! Er hatte – wie wir gehört haben – seine Sünden bekannt und sie vollkommen bereut!

Die vier genannten Tugenden machten ihn zu einem großen Heiligen!

Er wies den anderen Verbrecher brüderlich zurecht!

Er bekannte sogar öffentlich seine Schuld!

Er verteidigte den unschuldigen Jesus!

Er bekannte offen seinen Glauben an den Erlöser und betete so zu ihm!

Theologisch würde man sagen: Dismas hat zum einen durch seine Beichte die Vergebung der Sünden erlangt und zum anderen hat er durch seine vollkommene Reue und durch seine Läuterung und Besserung auch einen vollkommenen Ablass erlangt, so dass er sofort in die ewige Glückseligkeit eingehen konnte!

Das ist doch auch unser Ziel!

Möge uns auch der hl. Dismas zu einer guten Sterbestunde helfen!

Er wird angerufen, um Erlangung aufrichtiger Bekehrung, um vollkommene Reue, um Glaubensmut und Gottvertrauen, um Geduld im Leiden und um tiefe, echte Heilandsliebe, Die Erfahrung bestätig ihn auch als Schützer gegen Gewalt und List und vor Dieben und Mördern!

Amen

Predigt zu Christi Himmelfahrt 2021

Die große symbolische Bedeutung des Ostens

von Wallfahrtsdirektor Msgr. Erwin Reichart

In der Lesung aus der Apostelgeschichte habe wir gerade gehört, dass der Engel bei der Himmelfahrt Jesu zu den Aposteln sagt: „Er wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen!“

Dieser Hinweis „ebenso wiederkommen“ wird oft übersehen. Für den Evangelisten und Apostel Lukas  ist dies aber ganz offensichtlich von so großer Bedeutung, dass er es ausdrücklich erwähnt!

Woher wird er wiederkommen?

Die Antwort gibt Jesus im Matthäusevangelium: „Wie der Blitz von Osten aufflammt und bis zum Westen leuchtet, so wird es bei der Ankunft des Menschensohnes sein!“

Er wird also am Ende der Zeit von Osten her wiederkommen!

Was hat das zu bedeuten?

  1. Die Ostung – ein Markenzeichen der Christen

In Maria Vesperbild gibt es seit einigen Wochen wieder ein offenes Ostfenster. Es wurde wohl bei der Kirchenrenovierung 1860 zugemauert.

In gotischen Kirchen gibt es oft ein riesiges Ostfenster, in romanischen und barocken oft einen runden Ausguck.

Fast alle Kirchen sind nach Osten ausgerichtet, damit die Gläubigen darin in Richtung Osten beten.

Auf vielen Friedhöfen werden die Verstorbenen so bestattet, dass sie nach Osten „schauen“.

Wenn man frühmittelalterliche Gräber entdeckt, weiß man an der östlichen Ausrichtung der Toten sofort, ob sie schon Christen waren oder nicht.

Die Juden beten in Richtung Jerusalem, die Muslime in Richtung Mekka und die Christen in Richtung Osten!

Die sogenannten „Volksaltäre“, die nie vorgeschrieben waren, wurden meist auf Grund eines Missverständnisses eingeführt, indem man die Gebetsrichtung nach Osten nicht mehr verstand und meinte, dass der Priester am Hochaltar den Gläubigen unhöflicherweise den Rücken zudrehe.

In Wirklichkeit betet der Priester mit den Gläubigen gemeinsam in Richtung Osten. Er dreht ihnen genauso wenig wie ein Bergführer oder ein Busfahrer den Rücken zu.

Kardinal Sarah, der oberste „Chef“ für die Liturgie und einer der engsten Mitarbeiter des Papstes hat vor einigen Jahren sogar offen dazu aufgefordert, die Volkaltäre wieder zu entfernen. Doch die Zeit ist im Allgemeinen dazu noch nicht reif. Aber in der modernen kirchengeschichtlichen und liturgischen Forschung wird wieder neu die Bedeutung der Gebetsrichtung nach Osten entdeckt und festgestellt, dass die Volksaltäre eine sehr fragwürdige Neuerung sind.

  1. Gott spricht mit der Sprache seiner Schöpfung

Heute wird durch die ökologische Bewegung wieder neu entdeckt, dass wir Teil der Schöpfung sind und mit der Natur im Einklang leben müssen. Wir müssen ihre Sprache hören und verstehen.

Die Sonne ist nicht irgendein Gestirn sondern sogar lebensnotwendig!

Christus vergleicht sich mit der Sonne! Er ist die wahre Sonne, die nicht nur das vergängliche irdische Leben spendet sondern sogar das ewige Leben.

Christus ist nicht umsonst am Ostermorgen – als die Sonne aufging – auferstanden! Im Wort Ostern steckt Osten drin.

Wenn es in der Bibel heißt, dass das Paradies im Osten war, dann verstehen wir nun die symbolische Aussage! Das Paradies ist der Ort des wahren glücklichen Lebens, das wir alle ersehnen!

Die Geburt der „wahren Sonne“ wird nicht umsonst an Weihnachten gefeiert – also ein paar Tage nach der Wintersonnenwende – , wo das Licht das Dunkel überwunden hat.

Bei der Himmelfahrt hätte sich Jesus einfach unsichtbar machen können, aber er fuhr in Richtung Osten auf, um die kosmische Bedeutung des Ostens und damit seine eigene Bedeutung als wahres „Licht der Welt“ zu unterstreichen.

  1. Der theologische Sinn des Ostens

Der hl. Johannes von Damaskus (um 600) ist ein bedeutender Zeuge der frühen Kirche und wird als Kirchenvater verehrt. Er schreibt: „Da wir ihn erwarten, beten wir nach Osten. Das ist eine ungeschriebene Überlieferung der Apostel!“

Die Ausrichtung nach Osten ist also ein Zeichen der Erwartung und der Hoffnung. Selbst im Sterben haben wir Christen immer noch Hoffnung – darum die Ausrichtung der Verstorbenen mit dem Gesicht nach Osten.

Wir brauchen uns nie nur zufriedengeben und abfinden mit dieser Welt! Wir erwarten Mehr! Wir erwarten die Wiederkunft Christi, der am „Jüngsten Tag“ die Erlösung endgültig durchsetzen wird. Satan und alles Böse hat dann endgültig ausgespielt. Alles Leid und der Tod haben dann ein Ende!

Das „Jüngste Gericht“ wird oft zu sehr mit Angst und Sorge verbunden! Wenn wir christlich leben, ist dieser Tag aber ein Tag der Freude. „Dann erhebt euer Haupt“, heißt es im Evangelium! Die Gerechtigkeit wird dann durchgesetzt und das Treiben der Bösen hat ein Ende. 

Das lateinische Wort „Orient“ bedeutet übersetzt „Osten“. Wenn ich also die Orientierung verloren habe, dann habe ich den Osten – die Ausrichtung auf den wiederkommenden Christus – verloren. Christus soll unser Bezugspunkt für unser ganzes Leben sein!

Meine Lieben in Christus!

Christus ist in Richtung Osten in den Himmel aufgefahren und wird von dorther wiederkommen!

Die Gebetsrichtung nach Osten ist das Markenzeichen der Christen!

Gott nimmt die Sprache und Symbolkraft seiner Schöpfung – insbesondere der Sonne – in seine Verkündigung auf: Geburt Christi bei der Wintersonnenwende, Auferstehung beim Sonnenaufgang am Ostermorgen, Himmelfahrt gen Osten und Wiederkunft aus dem Osten!

Wenn wir uns beim Gebet gemeinsam nach Osten wenden und hier in unserer Wallfahrtskirche das runde Ostfenster vor uns sehen, dann bringt das unsere Erwartung und Hoffnung auf die endgültige Erlösung zum Ausdruck! Christus wird uns ewig glücklich machen!        Amen!

Grundlegende und weiterführende wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema:  

Klaus Gamber, Zum Herrn hin, Fragen um Kirchenbau und Gebet nach Osten, Pustet Verlag 1987

Uwe Michael Lang, Conversi ad Dominum, Zu Geschichte und Theologie der christlichen Gebetsrichtung, Johannes Verlag 2003

Erwin Reichart, Muss der Volksaltar sein, Schriften des Initiativkreises katholischer Laien und Priester der Diözese Augsburg, Heft 36  (Bezugsadresse: Gerhard Stumpf, Nordfeldstr, 3, 85899 Landsberg).Der Beitrag ist auch im Internet schnell zu finden unter „Volksaltar“. 

Stefan Heid, Altar und Kirche, Prinzipien christlicher Liturgie, Schnell und Steiner 2019 

Anmerkung: Viele Jahre wurde das Thema Volksaltar derartig ideologisch mit dem Fortschrittsglauben nach dem 2. Vatikanischen Konzil verbunden und damit tabuisiert, dass man nicht vernünftig über dieses Thema diskutieren konnte. Wer auch nur am Volksaltar kratzte, wurde als „Konzilsgegner“ gebrandmarkt – obwohl das Konzil den Volksaltar nicht einmal erwähnt – geschweige denn angeordnet hat. Inzwischen hat sich das – Gott sei Dank – deutlich geändert!